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Embrace - sich selbst annehmen

Selbst geschrieben und selbst erdacht :-))

Embrace – sich selbst annehmen

von Monika Richrath

21. Mai 2017

Es ist schon ein wenig verrückt, dass es in unserer heutigen Zeit voller Medienpräsenz und Reizüberflutung doch immer noch Menschen gibt, die sich mit ganz einfachen genialen Ideen durchsetzen. Die Australierin Taryn Brumfitt  und Mitproduzentin Nora Tschirner wollten sich nicht länger damit abfinden, dass 91 % aller Frauen weltweit am eigenen Körperbild und mit dem eigenen Körper leiden. Das Projekt Body Image Movement entstand. Taryn Brumfitt reiste ein paar Wochen lang kreuz und quer durch die Welt um mit verschiedenen Frauen zu sprechen. Heraus kam dabei ein sehr aufwühlender, berührender und aufrührischer Dokumentarfilm.

–Letztes Wochenende wurde ich über Facebook auf den Film Embrace aufmerksam gemacht. Klingt interessant, dachte ich mir, mit dem Thema „Körperbild“ hatte ich mich selbst schon häufiger auseinandergesetzt und hatte auch das Glück diesen Film im Kino ansehen zu können (er läuft nur in einigen Kinos). Als ich danach wieder ein wenig benommen ins Tageslicht stolperte, war ich total geflasht.

Gefühlschaos

In mir brodelte ein wilder Gefühlsmix. Unendliche Begeisterung („Ich buche ein Fotoshooting“, „Ich kaufe mir einen großen Spiegel“), unendliche Trauer über das, was ich gehört und gesehen habe (wunderschöne Frauen, die ihre eigene Schönheit nicht wahrnehmen können, ein bis zum Skelett abgemagertes Wesen, Berichte über in der Modebranche verbreitete Praktiken wie das Zu sich nehmen von Wattebäuschen …) unendliche Wut über das, was uns angetan wird (Modellbilder werden digital bearbeitet und sind darum für uns unerreichbar) und das, was wir uns selbst antun (wir vergeuden unsere Energie). Ich gebe zu, ich hatte schon gehört, dass Modellbilder heutzutage digital bearbeitet werde.

Was ich aber nicht begriffen hatte: Wenn ich an einer Bushaltestelle stehe, wo auf einer Werbung ein schlankes Modell mit einer sehr sexy Taille abgebildet ist und ich mir dieses Bild ansehe und dabei sehnsüchtig denke: „So möchte ich auch gerne wieder aussehen!“, dann bin ich der Werbebranche auf den Leim gegangen und habe mich selbst verlassen …

Jetzt hat es Klick gemacht

Ich leide schon ziemlich lange an meiner eigenen Ambivalenz meinem Körper gegenüber. Und das hat durchaus auch etwas mit Hochsensibilität zu tun.

Lange habe ich gegrübelt, wann es eigentlich angefangen hat, aber ich kann keinen richtigen Anfangspunkt ausmachen. Sicher ist: als die Erschöpfung überhand nahm, verschwand zuerst meine Vitalität. Dann, als es mit dem Stress und der Erschöpfung immer so weiter ging (gute zwei Jahre), wurde es mit der Fibromyalgie so schlimm, dass ich auf längere Zeit arbeitsunfähig wurde. Zu dem Zeitpunkt konnte ich auch nicht mehr schlafen und war darum damit einverstanden, es einmal mit einem Antidepressivum zu probieren, das man mir in der Reha ans Herz legte. Es war kein völliger Misserfolg, denn ich konnte nach einiger Zeit wieder schlafen, sonst bewirkte es nur, dass ich zunahm.

Innerhalb eines Jahres wog ich 10 kg mehr.

Das war schrecklich, weil ich mein ganzes vorheriges Leben (bis auf eine kurze Zeit in der Pubertät) sehr schlank war und eigentlich auch essen konnte, was ich wollte. Ein Teil dieses Gewichts war übrigens auf Wassereinlagerungen zurückzuführen.

49

49 kg – der absolute Gewichtstiefpunkt

Wenn es mir richtig schlecht ging, verging mir sowieso der Appetit. Einmal bin ich auf diese Weise auch gefährlich nahe an eine Essstörung herankgekommen (denke ich mir heute). Damals lud mich meine Freundin immer schon zum Essen ein, weil sie sich Sorgen machte und mich aufpäppeln wollte. Dabei hatte ich gar nichts mit bewusstem Abnehmen oder Kontrolle im Sinn. Ich habe so gelitten an mir selbst und meinem Leben, dass ich einfach keinen Hunger hatte … Diese Zeit gehört auf jeden Fall zu den Tiefpunkten meines Lebens, auch wenn es mir damals nicht bewusst war.

54

Mein „Normalgewicht“ von 54 kg

Irgendwie habe ich es dann doch wieder auf 54 kg geschafft und da blieb ich dann. Ich fand es selbst sonderbar, dass ich niemals zunahm, aber fühlte mich zumindest in diesem Punkt mit meinem Körper im Reinen, obwohl ich jede Menge Bilder habe, von denen mir erst in jüngster Zeit aufgefallen ist, wie ausgezehrt ich darauf aussehe.

66

64 kg nach der Kur

Zurück zur Kur 2009. Zwar half sie mir, mein Leben danach Schritt für Schritt wieder aufzubauen, aber gewichtstechnisch war es der Beginn einer Körperkatastrophe. Als solche habe ich sie jedenfalls lange betrachtet. Ich erkannte mich selbst nicht wieder! Immer wenn ich in den Spiegel sah, war ich verblüfft und frustriert, dass mir da dieses leicht moppelige Gesicht entgegenblickte. Ha! Heute würde ich mich vermutlich sehr freuen, wenn ich es jemals schaffen sollte, wieder nur 64 zu wiegen!

77 kg

Noch ein Tiefpunkt: 77 kg

Denn das war im Grunde genommen nur der Anfang. Seitdem habe ich ständig und permanent zugenommen und mich immer weiter von mir selbst und meinem Körper entfremdet. Von der Liebe zu meinem eigenen Körper auch. Obwohl ich das Antidepressivum nach einem Jahr wieder abgesetzt habe, ist es mir nicht gelungen, wieder abzunehmen. Das hatte ganz viele, verschiedene Ursachen. Zum einen habe ich Essen als Trost entdeckt und bin vom zu-wenig-Essen eher in die Sparte des Zu-viel-Essens hinübergewechselt. Ein weiterer, sehr wichtiger Punkt, ist die Tatsache, dass mir die Vitalität für bestimmte Dinge fehlte. Ich hatte einfach nicht die Kraft und Energie mehr, bestimmte Dinge zu tun, wie für Sport, Ausgehen usw. Früher war ich den ganzen Tag lang immer herumgerannt, damit war schon lange Schluss. Auch die Wechseljahre, in denen der Körper sich ja ganz neu organisiert, haben sicher eine Rolle gespielt. Trotzdem habe ich mich unendlich geschämt dafür, dass es mir nicht gelang, dieses Zusatzgewicht wieder loszuwerden, habe mir das als persönliches Versagen angekreidet.

2014 brachte eine Wende

Eine Seminarteilnehmerin hatte mich auf HPU (Hämopyrrollaktamurie) aufmerksam gemacht, ein Vitalstoffmangel im Körper, der seine Funktion beeinträchtigt. Das setzte eine ganze Kaskade von Ereignissen in Gang. (Über HPU schreibe ich demnächst einen gesonderten Artikel, denn es scheint, dass viele hochsensible Menschen davon betroffen sind.) Jedenfalls kam ich so zu einer Heilpraktikerin, die mir einen Progesteronmangel und eine Nebennierenschwäche bescheinigte. Auf der körperlichen Ebene gibt es also durchaus Erklärungen für die Gewichtszunahme und die Unfähigkeit wieder abzunehmen. Der Progesteronmangel sorgt zum Beispiel für die Wassereinlagerungen, die Nebennierenschwäche für die fehlende Vitalität. Übrigens – bei  HPU kann es vorkommen, dass man in der Jugend übernatürlich schlank ist und im Alter dann übergewichtig.

Es gab aber auch psychologische Ursachen

Vor einigen Wochen habe ich mich z. B. daran erinnert, dass ich mir irgendwann mal geschworen hatte, nie mehr so zu sein wie früher, vielleicht hat mein Körper das sehr wörtlich genommen. Ich habe u. a. diesen Schwur beklopft, noch eine kleine Lymphmassage entdeckt, die ich nun täglich mehrmals mache. Dazu kommt, dass die Behandlung meiner Heilpraktikerin nach einem Jahr Früchte trägt und ich einen deutlichen Vitalitätszuwachs spüre. Langsam habe ich das Gefühl, mir meinen Körper zurück zu erobern.

Eine Erkenntnis

Neulich ist mir der Gedanke gekommen, dass es mir eigentlich egal ist, wieviel ich wiege, solange ich nur vital bin. Die fehlende Vitalität ist das schlimmste: das Gefühl, tonnenschwer, unbeweglich zu sein und mich nicht wirklich so bewegen zu können, wie ich möchte. Eingeschränkt zu sein in meiner Bewegungsfreiheit, denn dies zieht sich durch alle Lebensebenen hindurch.

Erleichterung

Da kam Taryn Brumfitt mit ihrem Film wirklich gerade richtig! Und ich habe nun entschieden, nicht länger Energie darauf zu verschwenden, wie mein Körper aussieht, sondern mich eher damit zu beschäftigen, was ich tun kann, damit mein Körper sich besser fühlt – wie ich das ja auch schon seit längerer Zeit mache.

Plötzlich habe ich auch einen Weg gefunden um mit der allgegenwärtigen Werbung an den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel umzugehen: ich gucke einfach weg, bzw. stelle meinen Blick auf unscharf und sage mir „Das ist nicht real“, quasi wie im Supermarkt, wo lauter Dinge stehen, die mir nicht gut tun.

Alles in allem habe ich das Gefühl, dass sich in der letzten Woche, seit ich den Film gesehen habe, ganz viel verändert hat. Alleine dadurch, dass ich die Entscheidung getroffen habe, loszulassen, jemals wieder meine Figur aus der Jugend zurückzubekommen. Dafür habe ich nun jede Menge Energie für andere Projekte übrig. Zum Beispiel mir selbst Kleidung zu nähen, die mir gefällt und in der ich mich wohlfühle …

Ich bin mir ziemlich sicher, dass viele von Ihnen einen ähnlichen Weg durchlitten haben und kann Ihnen nur ans Herz legen, sich diesen Film anzusehen. Er hat wirklich lebensveränderndes Potential!

Es ist mir bewusst, dass dieser Beitrag ungewöhnlich viele Links enthält, aber es ist mir ein echtes Anliegen, Sie für diesen Film zu interessieren. Wenn Sie sich den Stern-TV-Clip ansehen, wird gleich klar, wie verzerrt unsere Körperwahrnehmung häufig ist. Ich fand das total herzzerreißend.

Was ich leider nicht mehr wiedergefunden habe, ist der Link, mit dem Sie herausfinden können, wann der Film läuft. Wie gesagt, immer nur an einigen Tagen, kümmern Sie sich am besten gleich darum, wenn Sie den Film sehen möchten, oder kaufen Sie ihn auf DVD.

Wie sehen Sie Ihren Körper? Haben Sie etwas Ähnliches erlebt wie ich? Oder etwas ganz anderes? Ich freue mich sehr über Ihre Kommentare.

Herzlichst,

Ihre
Monika Richrath

Über mich

Monika Richrath

Ich bin Monika Richrath, Mentorin und Coach für EFT (Klopfakupressur). Seit 2012 schreibe ich hier sehr PERSÖNLICH über die Themen, Hochsensibilität, Gesundheit, Psychologie, EFT und (Entwicklungs)Trauma.

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6 Kommentare

  1. Sandra Liane Braun

    Liebe Monika,

    ein toller Artikel und Gratulation zu deinen Erkenntnissen. Ein vitales Körpergefphl ist Goldwert und DAS ist ein gutes Ziel.

    Die Problematik „Gewicht“ kenne ich in umgekehrter Form. Ich war immer an der Grenze zum Untergewicht und musste mir als junger Mensch schlimme Dinge anhören. Ich litt sehr darunter, dass ich so dünn war. Von Gleichaltrigen gehänselt und von Erwachsenen gemaßregelt würde ich immer wieder mit meiner Figur konfrontiert und fand meinen Körper sehr unattraktiv.
    Heute bin ich 41 und glücklich darüber deutlich schlanker zu sein als Diejenigen, die mich damals kritisiert, gehänselt und gemoppt haben. Ich fühle mich SAUWOHL

    Bewahre dir dein gutes Gefühl
    Liebe Grüße
    Sandra

    Antworten
    • Vielen Dank, Sandra, es fühlt sich jetzt schon so viel besser an 🙂 Liebe Grüße, Monika

      Antworten
  2. Karin

    Liebe Monika, tausend Dank für diesen mutigen und nachfühlbaren Bericht! Ich habe mir die DVD gekauft und angesehen und habe dabei eine emotionale Achterbahn erlebt. Mit 56 Jahren habe ich gefühlt 46 Jahre davon mit der Unzufriedenheit mit meinem Gewicht zugebracht. Erst gehänselt von den Geschwistern über „den zu dicken Po“, später von anderen Bezugspersonen. Schaue ich mir heute die Fotos an, sehe ich da eine ganz normale Jugendliche, junge Frau, erwachsene Frau und so weiter. Gewichtsschwankungen nach Geburten und bei emotionalen Stresszeiten gab es und das gehört jetzt rückblickend zu der jeweiligen Zeit und war mit Sicherheit „angebracht“. Zu hören, dass die Models auf den Plakaten PC-animiert sind, ist eine unglaubliche Erleichterung, macht aber auch Wut. Wie viele Frauen werden an diesen „Vor-Bildern“ gemessen oder messen sich selber daran. Der Satz: „lobt eure Mädchen nicht für ihr gutes Aussehen, sondern für die Dinge, die sie machen“ hat eine Tragweite, die mir erst so nach und nach bewusst wird. Danke, dass es diesen Film gibt! Danke dir für deine Offenheit und deinen Mut, über dein Erleben zu schreiben. Liebe Grüße Karin

    Antworten
    • Gerne Karin 🙂 Der Film war ja auch für mich eine Offenbarung! Mir ist eingefallen, nachdem ich deinen Kommentar gelesen habe, dass meine älteste Schwester immer gehänselt wurde für angebliches Dicksein. Wenn ich mir heute die Kinderfotos von uns angucke, sehe ich nicht mal ein dickes Mädchen … Liebe Grüße, Monika

      Antworten
  3. Sabine Dinkel

    Liebe Monika,

    Danke für deine Offenheit mit all den persönlichen Berichten und den Fotos. Das beeindruckt mich sehr und macht dich mir sehr sympathisch und nahbar.

    Meine Mutter war ihr Leben lang unzufrieden mit ihrem Körper, hat jeden Montag eine Diät begonnen und spätestens Mittwochs wieder abgebrochen. Jede Falte wurde beklagt. Im Alter bekam sie dann „Hängebäckchen“, die sie ganz furchtbar fand. Ihr Hintern war platt wie ein Pfannkuchen.

    Ich wollte nie so mit mir hadern, weil ich das dermaßen traurig fand.

    Jetzt betrachte ich mich im Spiegel und denke bewusst:

    jede Falte ist mühsam erkämpft, erlacht und erlebt worden. Jede Operationsnarbe erlitten und wieder verheilt.

    Dabei kann ich so froh sein, dass ich zwei funktionierende Arme und Beine habe, dass ich mit beiden Augen gucken und mich – wenn ich will – Dank Perücke, Kostüm und Fotoshooting und -shop in ein ganz anderes Wesen verwandeln kann.

    Danke, dass du mir das nochmal bewusst machst.

    Herzliche Grüße
    Sabine

    Antworten
    • Vielen Dank, liebe Sabine. Nachdem ich nun schon ein paar Blogartikel von dir gelesen habe, haben mich die vielen Fotos und Bilder inspiriert, auch mal mehr Bildmaterial zu benutzen, das bot sich hier ja geradezu an. Ich wollte auch nie mit mir hadern …;-/ Jetzt höre ich aber damit auf, ich bin felsenfest entschlossen … Liebe Grüße, Monika

      Antworten

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