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Manche Kinder können Orchideenkinder genannt werden

Selbst geschrieben und selbst erdacht :-))

Die Wahrheit über Hochsensibilität?

von Monika Richrath

7. Juni 2020

Eigentlich hatte ich es mir schon in der Überzeugung gemütlich gemacht, dass Hochsensibilität offenbar doch etwas mit Trauma zu tun hat. Früher bin ich nicht dieser Ansicht gewesen, aber je mehr ich mich mit dem Thema Trauma beschäftigt habe, umso deutlicher schien sich dort ein Zusammenhang abzuzeichnen. Bei praktisch allen Menschen, die ich kennen gelernt habe und kennen lerne, stellt sich früher oder später heraus, dass ein traumatischer Hintergrund besteht, so dass ich diesen Zusammenhang (zähneknirschend) akzeptiert habe.

Nun habe ich aber im Laufe des Online-Kongresses von Lisa Laufer Vom Jobfrust zur Jobmagie erfahren, dass dies gar nicht so ist.

 

Ich habe beim Kongress in dem Gespräch mit Kathrin Sohst erfahren, dass es interessante Studien zu dem Thema gibt, die auf eine ganz andere Ursache von Hochsensibilität hinweisen. Denn offenbar wird mittlerweile in und zu diesem Thema geforscht! Und habe gleich einen ganz neuen Begriff gelernt (der mir sehr viel besser gefällt als Hochsensibilität):

Neurosensitivität

Der Wissenschaftler Michael Pluess der Queen Mary University of London bezeichnet damit die „Fähigkeit, Umgebungsreize zu registrieren und zu verarbeiten.“ Ganz einfach. Ganz neutral. Ohne irgendeine Form von schlechtem Beigeschmack.

Zwei Studien aus dem Jahr 2018 geben Aufschluss darüber, dass der Anteil hochsensibler Menschen in der Bevölkerung mitnichten 15–20 % beträgt, wie bislang angenommen. Die Studien von LIONETTI ET AL., 2018PLUESS ET AL., 2018) zeigen vielmehr auf, dass Sensitivität zwar angeboren ist, aber nicht in jedem Menschen gleich vorhanden ist. Pluess kam in seiner Studie  mit 906 Psychologie-Studenten zu dem Schluss dass Sensitivität in Menschen etwa folgendermaßen verteilt ist: 

  • 29 % wenig sensitiv
  • 40 % mittelsensitiv
  • 31 % hochsensitiv.

Das bedeutet: wir sind eigentlich nichts Besonderes. Wir sind keine besseren Menschen oder so. Wir können einfach mehr wahrnehmen. Punkt.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie dies lesen. Ich war, als ich es hörte und dann nachrecherchiert habe, einfach nur erleichtert. Habe mich dann daran erinnert, dass ich schon immer das Gefühl hatte, dass die Zahl 15–20 % an angeblichen Hochsensiblen einfach viel zu niedrig gegriffen war und dass ich früher, sehr viel früher, eigentlich auch davon ausgegangen bin, dass Sensitivität einfach nur Persönlichkeitsmerkmal ist, aber damals war die Forschung einfach noch nicht so weit und ich hatte zwischenzeitlich mein Interesse auf andere Dinge gelenkt.

Das ist aber noch nicht alles.

Man weiß ja heute, dass sich das Gehirn entsprechend den Erfahrungen in der frühen Kindheit „formt“ und darüber bestimmt, wie wir auf Reize reagieren. Konkret bedeutet dies, wenn sich in unserer Kindheit gute und schlechte Dinge die Waage halten, werden wir eine generelle Sensitivität entwickeln. Erleben wir jedoch in unserer Kindheit sehr viel Stress und erfahren wenig Unterstützung, entwickeln wir vielleicht eine 

Vulnerabilität

also eine Empfindlichkeit gegenüber Bedrohungen, Stress, Ängsten usw.

Dies muss aber nicht zwangsläufig so sein. Erfahren wir in der Kindheit vorwiegend Unterstützung, so können wir eine

Vantage-Sensibilität

entwickeln (Vantage: Vorteil). Die Wissenschaftler Tom Boyce und Bruce Ellis hatten bereits vor längerer Zeit die Begriffe „Löwenzahn- und Orchideenkinder“ geprägt. Die Löwenzahnkinder werden als robust betrachtet, belastbar, anpassungsfähig. Die Orchideenkinder sind hingegen sehr viel empfindlicher. Allerdings können sie sich in einem unterstützenden Umfeld so gut entwickeln, dass sie gesünder und belastbarer sind als Löwenzahnkinder. Denn eines ist dabei ganz wichtig:

die Fähigkeit, Positives wahrzunehmen.

Denn diese helfen ja dabei, mit dem Negativen fertig zu werden.

So kommt es also nicht nur auf die Wahrnehmung an sich an, sondern auch, ob wir Gutes und Schlechtes wahrnehmen und verarbeiten können.

Prof. Dr. Michael Pluess hat bereits in einer früheren Studie 2015 vier verschiedene Sensitivitätstypen unterschieden. Zu den drei o. g. kommt noch der Typ mit einer niedrigen Sensitivität hinzu.

Wie verarbeiten die unterschiedlichen Typen Reize?

Jemand mit niedriger Sensitivität wird sowohl positiven als auch negativen Reizen gegenüber nur eine geringe Sensitivität aufweisen.

Menschen mit einer generellen Sensitivität zeigen gegenüber positiven und negativen Reizen eine hohe Sensitivität.

Jemand mit einer vulnerablen Sensitivität zeigt eine erhöhte Wahrnehmung für negative Reize und geringe Wahrnehmung von positiven Reizen.

Und schließlich wird jemand mit einer Vantage-Sensibilität eine erhöhte Wahrnehmung für positive Reize zeigen und eine geringere Wahrnehmung von negativen Reizen.

Natürlich sind solche Typisierungen immer mit Vorsicht zu betrachten. Was mir bei Prof. Pluess ganz und gar fehlt, sind die Menschen, die aufgrund eines superschlechten Umfeldes nicht die Gelegenheit hatten, ein empathisches Gehirn zu entwickeln und in der Folge keine Sensitivität entwickeln können.

Ich selbst finde mich in dieser Aufstellung gar nicht wieder, denn ich stehe sowohl mit einem Bein in  Vulnerabilität als auch in  Vantage, habe also allem gegenüber eine hohe Wahrnehmung. Dort habe ich mich hingearbeitet durch beständiges Klopfen. Und es gibt sogar eine Studie, die zeigt, dass Menschen mit einer vulnerablen Sensitivität diese auch verändern können. Zwar geht es in der Studie um ein achtwöchiges Achtsamkeitstraining, aber es gibt sicherlich sehr viel mehr Wege aus der Vulnerabilität heraus als diesen einen. Ich selbst bin dafür ja das beste Beispiel. Mir hat die Klopfakupressur sehr geholfen.

Ich weiß noch nicht, was ich selbst mit den Informationen anfange, die ich erhalten habe. Vielleicht werde ich in Zukunft nur noch von hochsensitiven Menschen sprechen …

Wie geht es Ihnen jetzt nach dem Lesen des Artikels? Können Sie sich dort wiederfinden? Haben Sie sich vielleicht sogar schon in eine andere „Gruppe“ gearbeitet? Wie immer freue ich mich über Ihre Kommentare.

Von Herzen, Ihre

Monika Richrath

Bild von Karina Förster auf Pixabay 

Über mich

Monika Richrath

Ich bin Monika Richrath, Mentorin und Coach für EFT (Klopfakupressur). Seit 2012 schreibe ich hier sehr PERSÖNLICH über die Themen, Hochsensibilität, Gesundheit, Psychologie, EFT und (Entwicklungs)Trauma.

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