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Wie ich meine Seelenwünsche entdeckt habe

Wie ich meine Seelenwünsche entdeckt habe

Noch vor wenigen Jahren wäre ich überhaupt nicht auf die Idee gekommen, mich mit meiner Seele zu beschäftigen. Erst recht nicht mit ihren Bedürfnissen. Das hatte für mich einen abgehobenen und esoterischen Beigeschmack, damit wollte ich lieber nichts zu tun haben. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es vielen hochsensiblen Menschen ähnlich geht, weil viele von uns  sehr kopfgesteuert sind und sich nur auf „Beweise“ verlassen (am besten auf solche, die von der Wissenschaft erbracht werden).

Für mich hat sich in den letzten Wochen viel verändert. Ganz besonders in Sachen Seelenbedürfnisse.

Als Kind hatte ich den innigen Wunsch zu zeichnen

und ich hatte meistens auch eine genaue Ahnung davon, wie das, was ich zeichnen wollte aussehen sollte. Leider sah es nie so aus. Meine Zeichnungen sahen eben wie Kinderzeichnungen aus. In meiner Parallelklasse, die mit uns zusammen Kunstunterricht hatte, gab es einen Jungen, der Wahnsinnsportraits zeichnen konnte. So, wie ich hätte gerne zeichnen wollen. Menschen. Menschen, die so aussahen wie wirkliche Menschen. In jeder Kunstunterrichtsstunde bin ich fast gestorben vor Stress, Bewunderung und Neid. Wahrscheinlich hat sich bei mir da auch der Glaubenssatz eingenistet, dass man Talent haben muss, um gut zeichnen zu können. Daran mangelte es mir ganz offensichtlich. Ich begrub diesen Wunsch und wandte mich anderen Dingen zu.

Erste Zeichnung von Monika RichrathAb und zu tauchte dieser Wunsch wieder auf

und ich erinnere mich daran, dass ich später noch verschiedene Zeichenversuche unternahm, aber mit anderen Objekten. Zum Beispiel habe ich im Rahmen eines Kurses für Kinder Statuen gezeichnet, Kapitelle in einer Kirche und Säulen und ein paar Jahre während eines Urlaubes auf Sylt ein paar Landschaftsaufnahmen von Fotos abgezeichnet. Ich fand sie selbst ganz gelungen, erinnere mich aber nicht mehr ob ich mich getraut habe, die letzteren überhaupt anderen Menschen zu zeigen. Danach ging unglaublich viel Zeit ins Land. Jahrzehnte über Jahrzehnte, in denen meine Beziehung zu Kunst hauptsächlich darin bestand, in Ausstellungen zu gehen und mir die Kunst anderer Menschen anzusehen. Und in all dieser langen Zeit ist in mir immer wieder der Wunsch aufgetaucht

Ich will Menschen zeichnen

sehr, sehr hartnäckig. Immer wieder fielen mir jene letzten Zeichnungen ein, die ich gemacht hatte und die mir selbst gefallen hatten. Vielleicht war ich gar nicht so talentlos wie ich glaubte? Vielleicht brauchte ich einfach nur Übung? Also kaufte ich mir ein dickes Buch darüber, wie man Menschen zeichnet und legte voller Enthusiasmus los. Schon bald musste ich aber feststellen, das es trotzdem immer noch nicht so einfach war. Das erste Bild gefiel mir. Alle anderen nicht. Ich war nicht in der Lage, meinen Zeichnungen einen Ausdruck zu verleihen, sie erstarrten in grässlichen Fratzen …

Entmutigt gab ich auf

– aber nur halbwegs. Vielleicht brauchte ich so etwas wie Unterricht? Hatte ich denn nicht neulich im Supermarkt auf dem schwarzen Brett eine Telefonnummer gesehen? Die hing da auch noch. Und ich trug sie ein volles halbes Jahr mit mir herum, weil es mir nicht sicher erschien, zu einer mir unbekannten Person nach Hause zu gehen. Dann lernte ich die Künstlerin Johanna Kinast auf einem Event persönlich kennen. Ich glaube auch, dass der Tod meiner Mutter im Februar 2016 eine Rolle gespielt hat. Mein Bedürfnis zu zeichnen wurde irgendwie immer dringender. Im November 2016 ging ich zum ersten Mal recht nervös zu meinem Kunstkurs, der sich für mich als ideal herausgestellt hat, weil er mir alle Freiheiten lässt. Ich entscheide selbst, was ich wie zeichne und nur, wenn ich nicht weiterkomme mit einer Sache, frage ich die Künstlerin um Rat. Im Laufe der Zeit hat sich herausgestellt

Menschen zu zeichnen macht mich einfach glücklich.

Das ist für mich Auszeit pur. Ich als Mensch löse mich vollkommen auf im Prozess der Kreativität, tauche ab oder verbinde mich mit oben und das ist einfach herrlich. Meistens zeichne ich Portraits von Postkarten von Gemälden ab. Das ist ungemein spannend. Manchmal tauchen auf meinem Papier Menschen auf, von denen ich weiß, das ich sie von irgendwoher kenne oder die mir bekannt vorkommen. Das Buch ziehe ich übrigens nur noch dann und wann zu Rate. Wie sich zeigt, ist das Zeichnen auch eine Sache der Übung. vor zwei Wochen ist es mir zum ersten Mal gelungen, der Person auf meiner Zeichnung das gleiche Alter zu verleihen wie der Person meiner Vorlage. Yippieh! Die anderen Menschen in dem Kurs malen übrigens zum meistens Aquarelle. Daran habe ich mich auch einmal versucht, das hat mir auch Spaß gemacht, aber ich habe gemerkt, das ist es einfach nicht für mich. Diese sehr innige Verbindung nach irgendwohin hat sich nicht eingestellt. Natürlich wollte ich es auch probieren, weil ich mal wieder Schwierigkeiten damit hatte, anders zu sein als die anderen, aus dem Rahmen zu fallen. Hochsensibilität lässt grüßen. Ich habe dann aber ganz vernünftig mit mir gesprochen. Mein Wunsch ist es, Menschen zu zeichnen – und später mal (wenn ich von den Menschen die Nase voll habe), Landschaften. Das steht schon fest. Wenn ich in diesen Kurs gehe, dann um zu zeichnen. Sonst hat es keinen Zweck. Es ist übrigens gar nicht wichtig, dabei ob ich nun wirklich jede, jede Woche zu meinem Kurs gehe und eine Zeichnung mache oder nicht. Das wichtige ist es, langfristig dran zu bleiben, dafür zu sorgen, dass mein Wunsch einen Rahmen hat. Denn wenn ich es zuhause alleine machen möchte, mache ich es eben doch nicht. Das kennen Sie bestimmt selbst auch.

Warum ist das Zeichnen nun ein Seelenwunsch?

In den letzten Monaten war bei mir einiges los, nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich ging es ganz schön hoch her. Durch die Arbeit mit meinen Klienten und Klientinnen und meine eigene Auseinandersetzung mit mir habe ich verstanden, dass

das wichtigste am Menschsein ist der Ausdruck unserer selbst.

Ok, das klingt jetzt ein bisschen gestelzt. Einfacher: Wir müssen einfach nach außen bringen, was in uns ist.

Das ist unsere Lebensaufgabe

oder zumindest ein Teil davon. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Wir müssen uns ausdrücken. Wenn wir das nicht tun, zum Beispiel unsere Gefühle nicht ausdrücken,  werden wir krank oder entwickeln chronische Schmerzen usw. Es wäre natürlich auch eine ganz spannende Frage, ob sich Hochsensibilität in Seelenbedürfnissen ausdrückt, bzw. ob hochsensible Menschen besondere Seelenbedürfnisse haben? Was mich selbst angeht, arbeite ich gerade an einem neuen Buch zum Thema Schlafstörungen. Im Zuge meiner Recherchen habe ich dabei mein Leben zwar nur in wenigen Dingen, dafür aber ganz entscheidend verändert, so dass ich wieder einen besseren Blick auf meine eigenen Bedürfnisse habe und mir selbst wieder näher gekommen bin. Und so ist mir klar geworden, dass dieses innige Bedürfnis zeichnen zu wollen, ein Seelenbedürfnis sein muss, denn es begleitet mich schon fast mein ganzes Leben. Und dass auch meine Tanzlust ein Seelenbedürfnis ist, dem ich jetzt mehr und mehr wieder nachgehe. Und je mehr ich tanze, umso mehr Lust zum Tanzen habe ich und umso glücklicher bin ich. Genauso, wie ich immer mehr Lust zum Zeichnen habe, je mehr ich zeichne. Ich glaube übrigens,

Seelenbedürfnisse sind nur für einen selbst

wichtig. Ich denke, es ist gerade die Hingabe an die Selbstentfaltung, die uns so glücklich macht. Ganz ohne Stress. Wenn Sie nicht wissen, was Ihre Seelenbedürfnisse sein könnten, kann ich Ihnen nur empfehlen, sich Gedanken darüber zu machen, was Sie vielleicht schon als Kind geliebt, aber begraben haben. Es gibt ja den wunderschönen Spruch, dass man nie zu alt ist für eine glückliche Kindheit …

Welche Seelenbedürfnisse haben Sie? Gehen Sie Ihnen nach? Wie immer freue ich mich über Ihre Kommentare. 

Herzliche Grüße,

Ihre Monika Richrath

Was durch ein Bild deutlich wird

Was durch ein Bild deutlich wird

Mit der  Kunsttherapeutin Elvira Schmitz verbinden mich ganz besondere Umstände: Frau Schmitz war die Kunsttherapeutin meiner Mutter und hat meine Mutter im Sterbeprozess unterstützt. Vor kurzem jährte sich der 2. Todestag meiner Mutter und ich freue mich sehr, dass Frau Schmitz bereit ist, sich mit mir über ihre Arbeit zu unterhalten.

Ich zeige Elvira Schmitz einen von mir gebastelten Baum und bitte sie, etwas dazu zu sagen.

Schmitz: Der Baum ist ein schönes Sinnbild für die kunsttherapeutische Begleitung. Der  Baum als Selbstbild, das die momentane Lebenssituation abbildet. Es ist mir wichtig, der begleiteten Person Raum zu lassen für das, was in ihr wachsen  möchte. Dabei gilt es, nicht die Richtung des Wachstums vorzugeben, sondern die Wachstumsbestrebungen zu fördern. Ein Baum ist dafür ein gutes Beispiel.

Warum ist das „Raum lassen“ so wichtig?

Schmitz: Durch das Zulassen eigener Bilder und Symbole kann sich der Mensch ohne Leistungsdruck entfalten. Die nicht wertende und empathische Begegnung mit der Therapeutin kann  befreiend und inspirierend wirken. Die Ganzheit  des Menschen wird angesprochen. Dies ermöglicht ein langsames und vertrauensvolles Hineinwachsen in die therapeutische Beziehung. Eine Beziehung die angst- und wertfrei ist.

Ist das immer so?

Schmitz: Natürlich kommt auch hinzu, dass der Mensch sich zeigen möchte, und das ist auch gut so. Durch das Zeigen wird ja auch viel von der Persönlichkeit des Gegenübers sichtbar. Und das finde ich so spannend am Miteinander. Ist das bei Ihrer Arbeit auch so?

Bei mir ist es auch so, aber anders. Wenn ich einen Vergleich machen müsste, dann geht es bei mir eher in die Entfaltung. Und wenn ich mir angucke, was mit meiner Mutter geschehen ist, dann war der Prozess umgekehrt, der ging von außen nach innen.

Ja ganz definitiv. Vor allem auch, weil meine Mutter so wahnsinnige Angst vor dem Tod hatte und ich finde, es ist immer noch ein Mysterium und Wunder, dass sie es geschafft hat, loszulassen. Und Sie haben ihr dabei wahnsinnig geholfen.

Schmitz:Ihre Mutter habe ich als eine sehr direkte und im positiven Sinne fordernde Frau erlebt. Sie suchte ein klares und aufrichtiges Gegenüber. Dies ist in einer therapeutischen Beziehung meist einfacher als in einer Familiensituation. In dem Buch „Eine Rose hält das Gleichgewicht“, das ich über die Begleitung ihrer Mutter geschrieben habe, wird dies deutlich.

Können Sie das genauer beschreiben?

Schmitz: Ihre Mutter war bereit, mich als kompetente Begleiterin anzunehmen. Jemand, der der zuhört, nicht bewertet und Raum schafft für Gedanken und Gefühle. Das Besondere unserer Beziehung aber war, dass ihre Mutter mir erlaubte, für sie zu malen.

Wegen ihrer Erkrankung konnte sie das selbst nicht mehr. Durch dieses Verfahren, das in der Kunsttherapie als Bilddiktat bekannt ist, konnte ihre Mutter das ausdrücken, was ihr auf der Seele lag, und was nicht in Worte gefasst werden kann: Angst, Hilflosigkeit, Trauer, aber auch Hoffnung und Lebensfreude. Und dies trotz der schweren Erkrankung und dem Wissen um den nahen Tod.

Wie sind Sie dazu kommen, das zu machen, was Sie jetzt tun?

Schmitz: Als Kind hatte ich viele Bilder im Kopf und habe mir meine eigenen Fantasie-Räume geschaffen. Angeregt durch illustrierte Kinderbücher begann ich zu zeichnen und zu malen. Da bin ich ganz in meine Bildwelt eingetaucht und konnte meinen Fantasien Ausdruck verleihen und sie sichtbar machen. Dabei habe ich mich pudelwohl gefühlt. Und genau dieses Wohlfühlen ist das, was ich in der kunsttherapeutischen Begleitung erreichen möchte. Denn dieses wunderbare Gefühl ermöglicht auch hochbelasteten Menschen, sich nicht als krank und hilflos, sondern als stark, aktiv und schaffend zu empfinden. Das sind die Ressourcen, die wir in uns tragen und die uns helfen, zu leben.

So geht es mir ja auch mit dem Zeichnen. Wenn ich jetzt gerade noch einmal einen Schritt zurückgehe, dann haben Sie sich nicht von Anfang an gesagt, ich mache jetzt etwas mit Kunst?

Schmitz: Es hat mich immer dorthin gezogen, aber klar war es nicht. Manchmal trifft man im Leben  Menschen, die einen auch ohne große Worte auf den Weg bringen können. Ich hatte das Glück und habe freie Kunst an der FH in Köln studiert.

Und wie ging es weiter?

Schmitz: Durch den Tod meinen Vaters bin ich in den Hospiz-und Palliativbereich „geführt“ worden.   Dieser Verlust hat in mir eine tiefe Trauerphase ausgelöst. Als ich diese Trauer nicht mehr allein tragen konnte, bin ich zu meiner Zen-Lehrerin gefahren und habe dort ein Seminar zu und über Rainer Maria Rilke belegt. Dort fand meine Trauer ihren Platz in Gedichten und Bildern. Diese Erfahrung hat mich zum nächsten Lebensschritt geführt.

Wie sind Sie zur Hospizarbeit gekommen?

Schmitz: Ich las in der Zeitung einen kurzen Artikel mit dem Titel „Wer gründet mit mir einen ambulanten Hospizdienst?“ Da bin ich hin und habe gemeinsam mit anderen Menschen einen ambulanten Hospizdienst gegründet. Dort war ich im Vorstand tätig und  habe kranke und sterbende Menschen begleitet. Das war genau das, was ich suchte.

Gibt es noch andere Einflüsse?

Schmitz: Meine Malkurse für Erwachsene und Kinder. Neben dem Vermitteln  kreativer Techniken ist es mein Anliegen, die Freude am Malen zu fördern. Weniger Technik, dafür mehr malerische Selbsterfahrung. Zu schauen, was und wie der Mensch malt und nur Hilfestellung anzubieten, wenn es gewünscht wird. Das habe ich bei Arno Stern in Paris gelernt: Wertschätzend wachsen lassen.

Was bedeutet „Wertschätzend wachsen lassen in diesem Zusammenhang?“  

Schmitz: Unbedachte Worte können viel zerstören, besonders im kreativen Bereich. Das bekomme ich immer wieder von Menschen aus deren Schulzeit geschildert. Aussagen wie: „Du kannst nicht malen“, „das ist falsch“ oder „das sieht nicht aus“ führen dazu, dass erwachsene Menschen diese Urteile ein Leben lang mit sich herumtragen.

Wertschätzend wachsen lassen ist meine Antwort auf falsche Glaubenssätze, die verhindern, dass kreatives Tun und die Freude daran zu einer heilsamen Ressource wird.

Und was hat Sie dazu gebracht Kunsttherapie zu studieren?

Schmitz: In meinen Kursen erlebte ich häufig Menschen, die sich in Lebenskrisen befanden. Ich wurde mit Depressionen, schwerwiegenden Erkrankungen und Trauer konfrontiert. Ich fühlte ich mich nicht genügend gerüstet, was mich veranlasste, Kunsttherapie zu studieren.

Das ist also eine richtige Ausbildung?

Schmitz: Ja, ein Vollzeitstudium, das mit dem Master of Arts abschließt. Von morgens bis abends in den Vorlesungen zu sitzen war ungewohnt für mich, weil nicht so selbstbestimmt wie mein Leben vor dem Studium. Aber es war gut. Ich habe viel gelernt und erfahren, dass ich vieles intuitiv richtig gemacht hatte. Seither arbeite ich als Kunsttherapeutin mit dem Schwerpunkt hospiz- und palliative kunsttherapeutische Begleitung. Dazu gehört auch der Bereich der Trauerbegleitung.

Findet man als Kunsttherapeutin eine Anstellung?

Schmitz: Ich wollte von Anfang an freiberuflich arbeiten. Im Palliativbereich bin ich als freie Kunsttherapeutin für das Zentrum für Palliativmedizin am Malteserkrankenhaus in Bonn und die Palliativstation „Saunders“ in der Uniklinik in Bonn tätig. Daneben betreue ich auch Klienten auf Honorarbasis.

Ist es denn immer so, dass es geht wie bei meiner Mutter, dass Sie für die Leute malen?

Schmitz: Nein, nicht immer. Ich male nur dann für Menschen, wenn sie selbst nicht mehr malen können oder wollen. Bei einer älteren Dame habe ich es erlebt, dass sie nach anfänglichen Versuchen das Malen mir überlassen hat. Das gibt es auch.

Und wenn die Leute selber noch malen können, dann sprechen Sie mit Ihnen?

Schmitz: Ja. Es ist wichtig gemeinsam zu erkunden, was die Person interessiert, was und wie sie malen oder modellieren möchte. Um das herauszufiltern zeige ich verschiedene Materialien und motiviere, diese auszuprobieren. Wenn ein Material, z.B. Pastellkreide, ausgewählt wird, kann ein Thema entstehen. Dazu bringe ich unterschiedliche Bildmotive als Vorlage zum Malen mit. Wenn jemand Tiere mag, dann kann ich daran anknüpfen und ein Bildmotiv als Vorlage und Inspiration zum Malen anbieten. Natürlich kann auch ohne Vorlage aus der Fantasie gemalt werden.

Ist das Verfahren immer gleich?

Schmitz: Es gibt viele Herangehensweisen. Es kann auch sein, dass die Person weiß, was sie malen möchte, oder es ergibt sich ein Thema aus dem Gespräch. Es ist immer individuell und von Mensch zu Mensch verschieden. Wichtig ist, dass es eine genaue Auftragsklärung gibt. Was wünscht sich die Person von der Begleitung, welche Vorstellungen und Erfahrungen gibt es?

Was machen Sie, wenn kein Bilddiktat gewünscht ist?

Schmitz: Meistens male ich während der „Malzeit“ auch, damit die begleitete Person sich nicht beobachtet oder im schlimmsten Fall bewertet fühlt. Wenn sich während des Malens ein Gespräch entwickelt, sollte wertschätzend über die Inhalte des Bildes gesprochen werden. Dann wirken Worte klärend. Auf der Bildebene können selbst schwere und belastende Situationen mit wohltuendem Abstand betrachtet werden. Dies ermöglicht ein schrittweises Herangehen und Entdecken der Ressourcen des Malenden. Auf jeden Fall wirken die Bilder über den Malmoment hinaus.

Wie bei meiner Mutter

Schmitz: Ja, ihre Mutter ist ein wunderbares Beispiel, weil sie im Detail über ihr Tun reflektierte. Jede Farbnuance war ihr wichtig. Sie verband  damit bestimmte Assoziationen. Zum Beispiel  erinnerte sich ihre Mutter bei der Farbe Lila an einen lilafarbenen Rucksack, den sie von einer ihrer Töchter zum 50. Geburtstag geschenkt bekam. Und welche Gefühle damit verbunden waren.

Ich stelle mir vor, dass Ihre Arbeit sehr befriedigend sein muss …

Schmitz: Sehr. Diesen Moment mitzuerleben, wenn ein Mensch seine Erfahrung mit einem teilt und sich vertrauensvoll auf die malende Kommunikation einlässt. Und über das Malen für sich einen Erlebnisraum öffnet, der wieder mit dem Leben verbindet oder versöhnt. Und das alles trotz leidvoller Erkrankung.

Ich fühle mich beschenkt, dass ich Menschen auf diese spezielle Weise begleiten kann. Dazu gehört auch, von der Lebensgeschichte berührt zu werden, ohne die therapeutische Aufgabe der Begleitung aus den Augen zu verlieren. Hierfür ist der Malprozess ihrer Mutter beispielhaft.

Ich verstehe das sehr gut, das ist bei mir ja auch nicht anders.

Schmitz:  Die Beziehung ist das, was trägt. Und künstlerisches Tun ist ein wunderbares Beziehungsangebot. Aber auch ihr Angebot, oder Musik, Tanz, Theater, Singen und vieles mehr.

Wie sehen Sie denn Hochsensibilität, wenn ich die Frage mal ganz vage formulieren soll, denn Sie sind doch auch hochsensibel, oder?

Schmitz: In meinem Beruf sollte ich das sein.

Wenn ich Ihnen so zuhöre dann denke ich, Sie können nicht nicht hochsensibel sein. Das geht irgendwie gar nicht. Haben Sie sich damit schon einmal auseinandergesetzt?

Schmitz: Eine Freundin, die selbst Therapeutin ist und mein Buch über ihre Mutter gelesen hat, sagte zu mir: „Weißt du, ich habe dein Buch gelesen. Und dann ein Buch über Hochsensibilität. Das musst Du unbedingt lesen. Du bist auch eine davon!“

Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Schmitz!

"Eine Rose hält das Gleichgewicht"

„Eine Rose hält das Gleichgewicht“ zeigt die außergewöhnliche Auseinandersetzung einer starken und mutigen Frau mit ihrer schweren Erkrankung. Komplett gelähmt und unfähig zu sprechen, schuf sie bewegende Bilder durch die Hilfe einer Kunsttherapeutin, die das Malen nach genauen Angaben stellvertretend übernahm. Über mehrere Monate hinweg wurde dieser Sterbeprozess durch ein Team verschiedener Berufsgruppen der Pallativversorgung begleitet. Die vorliegende Geschichte ist zwar keine Siegesgeschichte, aber eine Lösungsgeschichte: „Die Rose trägt den Kopf recht eigenwillig und trotzig. Geschwungen, aber mit einer gewissen Kraft. Von hier aus sieht es aus, als sei die Blüte das Nest. Fast wie ein Triumph.“ Kurzbeschreibung und Bestellung:  http://www.malzeit-praxis.de/malzeit-mobil/ Weitere Infos zu Elvira Schmitz
Ohne Kunst kann ich nicht leben

Ohne Kunst kann ich nicht leben

Kunst hat in meinem Leben eine ganz besondere Bedeutung und ich bin sicher, dass es hier einen direkten Bezug zu meiner Hochsensibilität gibt. In entsprechenden HSP-Tests gibt es fast immer eine Frage oder Feststellung zum Ankreuzen, die lautet „Kunst kann mich zu Tränen rühren“ oder ähnlich. Gestern war ich im Museum und hatte ein eher schräg geartetes Kunstlerlebnis, was ich zum Anlass nehme, mir einmal Gedanken über die Kunst in meinem Leben zu machen.

Gestern war ich also spontan im Museum um mir dort die Erweiterung der August-Macke-Ausstellung anzusehen. Ausgestellt waren dort zusätzliche Skizzen und Zeichnungen Mackes. Und weil das nicht besonders lange dauerte, haben wir uns gleich anschließend noch die Gerhard Richter Ausstellung angesehen, die auch derzeit im Kunstmuseum in Bonn zu sehen ist.

Einer unbekannten Person begegnen

Ich muss sagen, ich war richtig ein wenig nervös – es war, wie eine unbekannte Person zu treffen, von der ich schon viel gehört habe. Mit Gerhard Richter habe ich mich bislang nicht besonders beschäftigt, ich habe lediglich ein paar seiner Landschaftsbilder gesehen, die mir aber sehr gefallen haben. Ich ging davon aus, dass mich dort weitere Landschaften in blauweißgrau erwarteten. Und war zunächst sehr irritiert, als ich dann Exponate vorfand, wie etwa zwei riesige, verschieden grau lackierte Flächen. Nichts, zu dem man in Beziehung treten kann, ich quasi völlig auf mich selbst zurückgeworfen wurde. (Aber wer weiß, vielleicht hat der Künstler ja genau dies im Sinn gehabt?) Ich begann mich zunehmend unwohl zu fühlen und bin im Eilschritt durch die Ausstellungsräume.

Bedrängnis

Noch schlimmer wurde es, als wir in eine höhere Etage stiegen, auf der Suche nach einem weiteren Exponat. Dort fanden wir uns in den Räumen zeitgenössischer Kunst wieder. Riesengroße Exponate, die manchmal eine ganze Wand einnahmen, häufig neonfarben, mit wilden Kritzeleien und absonderlichen Formen. Es ist vielleicht ein wenig sonderbar, aber ich war binnen von Sekunden total gestresst, ich merkte richtig, wie mir der Schweiß ausbrach und ich mich extrem unwohl fühlte. Bloß raus hier! Von diesen Bildern fühlte ich mich aufs äußerste bedrängt, verstand ich noch und dann machte ich, dass ich wieder in das graue, neutrale Foyer zurückkam, wo ich mich beruhigen konnte.

Das Gefühl, geschlagen worden zu sein

Mir fiel der letzte Ausstellungsbesuch ein, der auch kein besonderer Erfolg war: Katharina Sieverding: Kunst und Kapital in der Bundeskunsthalle. Katharina Sieverding hat Details aus Fotoaufnahmen vergrößert und hineinkopiert in andere Aufnahmen. Eine interessante Idee, nur leider ganz unverständlich ohne das ausführliche Studium der erklärenden Tafeln. Und meistens sehr, sehr politisch und im Weltgeschehen verhaftet. Womit ich mich üblicherweise weniger beschäftige. Und auch hier wieder riesige Wandformate. Als ich wieder nach Hause ging, hatte ich das Gefühl, geschlagen worden zu sein, nicht nur auf einer seelischen Ebene, sondern auch körperlich. Danach hatte ich, so fällt mir jetzt eben ein, auch längere Zeit kein Bedürfnis nach einer Ausstellung.

Ohne Kunst kann ich nicht leben

Das ist schon ein wenig seltsam, denn eigentlich kann ich ohne Kunst nicht leben. Wenn ich mir eine Ausstellung ansehe, die mich anspricht, ist es eher so, dass ich merke, dass sich in mir etwas öffnet, wenn ich vor einem Bild stehe. Ich merke, wie lange ich es schon vermisst habe, mir Kunst anzusehen. Ich frage mich dann immer, wieso es so lange gedauert hat, warum ich das nicht öfter mache? In solchen Augenblicken hat ein Kunstwerk immer etwas sehr Essentielles, etwas unbedingt Notwendiges, etwas ohne das ich nicht sein kann.

Ein wenig verstört durch das gestrige Erlebnis habe ich mich gefragt, was Kunst eigentlich für mich bedeutet  und was an Kunst für mich wichtig ist? Muss Kunst nur „schön“ sein? Darf Kunst mich nicht aufregen?

Was hat meine Hochsensibilität mit Kunst zu tun?

Sehr viel, wurde mir sehr schnell klar. Drei Dinge gibt es, die für mich im Umgang mit Kunst sehr wichtig sind, die mit relativ typischen hochsensiblen Eigenschaften zu tun haben:

1. Das Interesse am Menschen

Ich kann ein Kunstwerk niemals abgekoppelt ohne den Künstler dahinter betrachten, ich will immer auch wissen, was hat dieser Mensch erlebt, warum hat er etwas so und so gemacht, schließlich ist das Kunstwerk ja Ausdruck des Menschen, der es geschaffen hat. Und es ist auch gar nicht so selten, dass ich mich dann auf irgendeine Weise mit diesem Menschen verbinde, selbst wenn er schon tot ist und ich ihn persönlich niemals kennenlernen kann.

2. Das Bedürfnis verstehen zu wollen

Für mich ist es ganz wichtig, Kunst verstehen zu können, also, dass ich verstehen kann, was auf einem Bild oder einer Fotografie abgebildet ist, ohne dass mir jemand das noch erklären muss. Abstrakte Kunst z. B. macht mich meist ärgerlich, weil sie sich meinem unmittelbaren Verständnis entzieht und ich zu einfachen Formen und Linien auch keinen besonderen Bezug habe.

Jetzt ist dazu noch eine weitere, technische Komponente gekommen. Seit etwas mehr als einem halben Jahr nehme ich regelmäßig Zeichenunterricht. Das führt dazu, dass ich Zeichnungen nicht nur einfach ansehe um das Ergebnis zu bewundern, sondern ich sehe sie mir genauer an um herauszufinden, welche Techniken der Künstler verwendet hat, um bestimmte Effekte zu erzielen usw.

3. Das Bedürfnis nach Harmonie

Hochsensible Menschen haben häufig ein besonderes Bedürfnis nach Harmonie, die sich in vielfältiger Form äußern kann. In meinem Fall bezieht sich die Harmonie in der Kunst auf die verwendeten Farben, ist mir klargeworden. Grelle Neonfarben empfinde ich als so aufdringlich, dass ich nicht einmal hinsehen mag. Wenn es keine Harmonie gibt in einem Kunstwerk ist es für mich absolut unmöglich mit ihm in Beziehung zu treten. Und das ist es, was an der Kunst für mich schön ist. Ich trete in Beziehung mit etwas, das jemand anderer geschaffen hat. Oder trete ich durch etwas, was jemand anderer geschaffen hat, eher in Beziehung mit mir selbst?

Meine Kreativität wurde immer gefördert

Diese Frage lässt sich wohl genauso wenig beantworten, wie die Frage, ob die Kunst in mir selbst ist, oder ob sie mir vielleicht vererbt wurde, denn für meine Mutter war Kunst alles. Sie hat dafür gesorgt, dass Kunst in unserem Leben einfach allgegenwärtig war und hat auch dafür gesorgt, dass wir schon als Kinder immer wieder mit Formen künstlerischen Ausdrucks in Berührung kamen, indem sie uns bei verschiedenen Workshops und Kursen angemeldet hat. Und wenn ich mich für eine große Sache entscheiden müsste, die meine Mutter mir geschenkt hat im Leben und für das Leben, dann wäre es, dass sie meine überbordende Kreativität immer gefördert hat. Und dafür werde ich ihr ewig dankbar sein. Kreativer Ausdruck ist für hochsensible Menschen ja sowieso sehr wichtig.

Riesige Wandformate stören mich übrigens nicht immer. Bei Hockney oder Baselitz hatte ich gar kein Problem damit … aber möglicherweise tendiere ich doch eher zu kleinen Bildern, das muss ich einmal beobachten …  Schlichtheit finde ich ebenfalls anziehend.

Wie sieht es mit Ihnen aus? Welche Rolle spielt Kunst in Ihrem Leben? Was brauchen Sie um mit einem Kunstwerk in Beziehung zu treten? Wie immer freue ich mich über Ihre Kommentare.

Herzlichst,

Ihre
Monika Richrath 

 

Ein zweifelhaftes Kunst-Vergnügen

Ein zweifelhaftes Kunst-Vergnügen

Ich liebe dieses Event und fiebere ihm jedes Jahr entgegen, Hochsensibilität hin oder her. Es handelt sich um eine Art kleine Kunstmesse, auf der man Kunst nicht nur ansehen, sondern auch kaufen kann. Mir gefällt daran, dass es sich um Kunst handelt, die man verstehen kann – tatsächlich kommen viele Familien mit ihren Kindern und die Kiddies kaufen kräftig mit.

Ich weiß natürlich, dass der Besuch dieses Events eine große Herausforderung für mich darstellt. Lange Wartezeiten vor der Tür, enge Räume, unglaublich viele Menschen, die miteinander sprechen und herumlaufen, eine für hochsensible Menschen atemberaubende Lärmkulisse. So schlimm wie in diesem Jahr war es allerdings noch nie. Die Konzentration auf und Begeisterung über die ausgestellten Exponate halfen nicht sehr lang über die Anstrengung hinweg. Irgendwann habe ich ein bisschen verzweifelt mein Handy gezückt und auf Aufnahme gedrückt. Sehen Sie selbst … (der Film dauert nur eine halbe Minute, außerdem habe ich ihn ein kleines bisschen verfremdet, wegen der Exponate …)

Kunst-Event

Eineinhalb Stunden habe ich durchgehalten. Dafür aber den ganzen Sonntag gebraucht um mich einigermaßen zu erholen. Wie gehen Sie mit solchen Situationen um? Wie lange brauchen Sie, um sich zu erholen?

Herzlichst, Ihre
Monika Richrath

de_DEDeutsch